Kategorien
Uncategorized

5. Podiumsdiskussion: Wirtschaft

Am vergangenen Montag hatten die Wirtschaftsjunioren, die IHK und der Marketing Club Niederbayern zu einer Podiumsdiskussion in den Salzstadel geladen. Es sind stürmische Zeiten (Sturm „Sabine“ hatte überall für Absperrungen gesorgt), und so konnte auch einer der Mitbewerber nicht kommen, denn Herr Hemmann sass irgendwo im Chiemgau fest – was ich für ihn bedauere. So ging jedenfalls die Zahl der „Paarungen“ für Rededuelle auf, denn für das Gespräch hatten sich die Veranstalter – ganz Wirtschaft – dieses eher Assessment Center-artige Vorgehen überlegt. (So nennt man Übungen und Rollenspiele von Bewerbern, die bei modernen Wirtschaftsunternehmen gängig sind). Gut so – mal was anderes.

Umso enttäuschter wird mancher der Zuhörer gewesen sein, dass die Statements der meisten Kandidaten doch recht stark in eine Richtung gingen, und so in manchen Punkten kein echter Schwung aufkam. Natürlich wollen wir alle eine starke Wirtschaft, gute Infrastruktur, und so weiter. Ich will das natürlich auch. Ich gehe sogar so weit: Das Konzept von Stadt ist die Essenz eines gemeinsamen Wirtschaftens.

Am Anfang gab es wieder die Möglichkeit zu kurzen persönlichen Eingangs-Statements. Speziell eine Mitbewerberin versucht ganz offenbar, bereits mit ihrem persönlichen Eingangs-Statement alle Themen, „Buzzwords“ (so nennt man Schlagwörter, die einmal gefallen sein sollten) und Aussagen „abzuräumen“, die man so bringen kann, auch wenn das nach meinem Verständnis nicht die Aufgabe einer solchen Vorstellungsrunde ist (und auch für sich meist deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt, als eigentlich vorgesehen ist). Eigentlich geht es bei einem solchen Eingangs-Statement nach meinem Verständnis darum, vor allem eher den persönlichen Bezug zum Thema und eigene Schwerpunkt-Ansätze kurz darzulegen, statt den Versuch eines „vollständigen Grundsatzprogrammes“ auszurollen und den Versuch zu unternehmen, „alle Aspekte als erste angesprochen“ zu haben. Aber das werden natürlich die Zuhörer und Wähler für sich entscheiden.

Mein persönlicher Zugang zum Thema: ich habe bekanntlich Forstwissenschaften studiert, die an der LMU München früher einmal in der Staatswissenschaftlichen Fakultät angesiedelt waren, denn bei diesem Studiengang geht es nicht nur um Naturwissenschaft und Holzkunde, sondern ganz stark auch um Volkswirtschaftslehre und betriebswirtschaftliches Denken.

Und dass nicht alles gut für eine Volkswirtschaft ist, was sich betriebswirtschaftlich aus Sicht einer Firma rechnet, habe ich daher eingangs klar gemacht und mit Beispielen hinterlegt. Wenn beispielsweise Firmen Altlasten hinterlassen, die unser Grundwasser verseuchen, wie aktuell im ehemaligen BMI-Gelände, oder wenn Landverbrauch in Flächenfraß ausartet und wir den Wert der Landschaft durch Hallenlandschaften verhunzen, und wir gleich neben einem Wasserschutzgebiet Firmen ansiedeln, die potenziell unser Trinkwasser gefährden können, dann ist das für die Stadt (und das sind wir Bürger) nicht gut, und ein Entwicklung, die unter mir als OB so nicht passieren würde.

Ich habe daher auf das von uns Förstern vor mehreren Jahrhunderten entwickelte Prinzip der Nachhaltigkeit verwiesen. Nur so viel verbrauchen, wie auch nachwächst, und nur so viel Neues anstoßen, wie auch gut bewältigt werden kann, einschließlich aller Folgen. Und genau das passiert in Landshut mit seinem überstarken Wachstum derzeit nicht.

Natürlich brauchen wir eine gute Infrastruktur, und auch eine gute „weiche Infrastruktur“ wie Schulen, Kitas, Bildung, Kultur, medizinische Versorgung, Erholungsmöglichkeiten, und drittens auch bezahlbare Wohnmöglichkeiten. Diese müssen in gut erreichbarer Nähe mitwachsen können. Das darf gern in Landshut sein, aber ich habe auch nichts gegen Pendler, die umweltverträglich zu Landshuter Arbeitsplätzen mit der Bahn einpendeln können, und in einem Vorort oder einer Nachbarkommune leben, oder sogar im Umland, denn auch Vilsbiburg und Geisenhausen sind ja nicht aus der Welt. Das gibt es bereits jetzt, und ich möchte, dass weniger davon auf ein Auto angewiesen sind, oder ein Auto einfacher und bequemer oder günstiger finden.

Denn wir brauchen in Landshut dringend bestimmte Arbeitskräfte, die fehlen, etwa in Pflegeberufen, und gleichzeitig kann das derzeitige Einwohnerwachstum nicht so weitergehen, denn die Infrastruktur ist an allen Ecken und Enden überlastet.

Ebenfalls angesprochen in diesem Zusammenhang habe ich das Thema Eingemeindung, und damit ein wenig Schwung in die zum Teil arg vorhersehbare Debatte und zum Teil auch „müden Fragen“ wie der nach dem Gewerbesteuersatz gebracht. Ich habe es als „den Elefanten im Raum“ bezeichnet, wie die Amerikaner sagen. Und so ist dieses Thema: Jeder weiß es, viele denken es, keiner spricht es aus!

Auch wenn jetzt viele sagen werden, dass hier wenig Aussicht besteht. Fragen Sie sich doch selbst einmal, ob Sie die jetzige Situation logisch finden. Und und ob Sie glauben, dass sie gut für die Entwicklung des Großraums Landshut ist. Und ob sie auf Dauer Bestand haben wird. Wenn die Antwort 3x „nein“ lautet, dann: Willkommen im Club derer, die auch für neue Lösungen in dieser Frage sind. Die erhaltenen Rückmeldungen aus sehr verschiedenen demokratischen Parteien waren durchweg positiv.

Landshut hat einen Schuldenberg, die unmittelbaren Umlandgemeinden, die jeweils an verschiedenen Stellen nahtlos mit Landshuter Stadtgebiet verschmolzen sind, sitzen auf einem Berg Steuereinnahmen, der ungefähr dieser Summe entspricht, und sie haben die hohen Einnahmen ja unter anderem wegen ihrer Lage-Gunst im direkten Umland von Landshut mit seinen weitgehend von den Landshuter Bürgern finanzierten Leistungen der Kultur, des überregionalen Sports, usw. Doch es sind nicht Begehrlichkeiten, sondern landesplanerische und gelebte Realitäten, die hier zum Nachdenken bewegen sollten. Wenn in den Umlandgemeinden Gewerbeflächen leer stehen, und in Landshut aus bestem Ackerland Bauland werden muss, dann stimmt etwas nicht, denn das nennt sich Flächenfraß. Längst leben wir nicht mehr in Zeiten, wo sich die meisten Bürger vorrangig als Achdorfer und nicht als Landshuter sehen, oder beispielse als Piflaser, und nicht als Ergoldinger, und auch viele Altdorfer und Ergoldinger haben einen starken Bezug zu Landshut. Man muß ja nur die vielen Leserbriefe von Ergoldingern zu rein Landshuter Themen wie Stadttheater, Altstadtpflaster usw. anschauen. So wie es jetzt ist, sind sie nur Zaungäste, die Entscheidungen über Landshuts Zukunft können sie nicht mit beeinflussen bzw. allenfalls mit Leserbriefen.

Und auch Firmengründer gehen jedenfalls lieber in die eigentliche Stadt, denn in einen Vorort, wie ich an einem konkreten Beispiel aus Landshut und einem aus Berlin illustrierte, und dies auch dann, wenn der Gewerbesteuersatz dort geringer ist. Das ist die „Marke“, die die Stadt halt darstellt. Bist Du in Landshut, oder nur in „XY bei Landshut“? „Oh, für Landshut selbst hat es offenbar nicht gereicht?“ Überregional oder gar global gesehen ist die Kernmarke immer stärker.

Eines vielleicht noch fernen Tages wird ein visionärer und mutiger Landesvater (und unser Ministerpräsident Dr. Markus Söder ist ganz ausdrücklich ein solcher!) (oder eine ebensolche Landesmutter) in vielen Kommunen Bayerns den landesplanerischen Neuordnungsbedarf und seine gigantischen negativen Folgewirkungen nicht mehr ignorieren können, wie weiland Alfons Goppel Anfang der 1970er Jahre. Die Kleinstaaterei an den Stadtgrenzen zu den Umlandgemeinden erinnert an das Deutschland des Spätmittelalters, und ist weder im Alltag noch für Touristen und Firmen gelebte Realität, sondern eigentlich ein Anachronismus. Und wenn die Kommunalreform 2.0 dann kommt, vielleicht ohne sehr viel Vorlauf, dann kommt sie. Jetzt können die Umlandgemeinden noch sehr gute Eingemeindungsverträge aushandeln.

Gemeinsam können wir sofort unser Stadttheater sanieren. Gemeinsam können wir bei der DB und im Verkehrsministerium für mehr Haltepunkte kämpfen, in Ergolding, in Münchnerau und Eugenbach, und weiteren. Und trotzdem alle bürgernahen Leistungen in den Umlandgemeinden erhalten, die dann starke Stadtteile eines größeren, runderen, besseren Landshuts wären. Ein Rathaus III in Ergolding, ein Rathaus IV in Altdorf, eines in Kumhausen. Starke Stadtteile eines noch stärkeren Landshut.

Es geht natürlich nicht darum, die Umlandgemeinden zu etwas zu zwingen, ich kenne auch den Art. 11 der Bayerischen Gemeindeordnung. Es geht darum, sie zu bitten, darüber nachzudenken, ob diese Sache, jetzt angegangen, nicht auf lange Sicht das Beste für alle Bürger und auch die Wirtschaft im Großraum Landshut wäre.

Und dann waren da noch weitere Wirtschaftsthemen, die angesprochen wurden. Ich finde – zu meiner Überraschung offenbar im Gegensatz zur Mehrzahl meiner Mitbewerber – die Studiengänge unserer Hochschule Landshut äußerst zukunftsorientiert. Viele Startups sind aus der Nähe von HAW und städtischen Wirtschaftsunternehmen entstanden. Für Startups habe ich neben der LINK-Förderung auch die so genannten „Business Angels“ ins Spiel gebracht, als Startup-Finanzierer mit Win-Win-Potenzial. Womit gezeigt sei: Wirtschaftskompetenz ist durchaus vorhanden.

Und es hätte durchaus auch noch ein paar mehr Wirtschaftsthemen gegeben, wo die Kandidaten ganz und gar nicht einer Meinung waren oder doch verschiedene Akzente setzen würden. Warum darüber nicht ausführlicher berichtet wird? Jeder mache sich selbst einen Reim. Es ist in diesem Zusammenhang vielleicht nur ein reiner Zufall, dass mit dem Moderator des Abends, Herrn Bragulla (und der seine Sache gut gemacht hat), ein früherer örtlicher Journalist auf einen lukrativen Posten ins Rathaus wechselt, nicht der erste aus dieser Zunft, der diesen Weg eröffnet bekommt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.